Ein ganzer Tag ‚Game Drive‘ – Tiere satt!

6.8.2010
Die Nacht war wieder voll mit Geräuschen – auch kein Wunder so mitten im Busch! Trotzdem habe ich in meinem Moskitozelt-Himmelbett wunderbar geschlafen und konnte dank der frühlingshaften Temperaturen auch die riesige Dusche ohne Kältegefühle nutzen , um schnell wach zu werden! Es war erst 5.30 h morgens – ich hatte jedoch einen ganztägigen ‚game drive’ (so heißen hier die Tierbeobachtungstouren) gebucht und der startet um 6.30h!
Vorher war wieder Frühstück im Freien angesagt! Dieses Bush Camp hier gehört übrigens zur Gondwana Gruppe – wozu auch die Farm in Stampriet am Anfang meiner Reise gehörte! Hier konnte ich dann zum Frühstück den leckeren Käse von der Käsemeisterin dort essen. Mittags und abends gab es für dieses Land eine außerordentlich große Auswahl von frischen Salaten und Gemüse – auch von den eigenen Feldern und Gewächshäuern in Stampriet!
Dann rauf auf den offenen Wagen! Unser Guide Andreas gab jedem noch eine dicke Wolldecke – allgemeines Staunen ringsum! Die drei Italiener und ich im offenen Auto wickelten uns aber schon 5 Minuten später schnell darin ein – der Fahrtwind war eiskalt!
Schon auf dem Weg zurück in den Park gab es eine Elefantenherde zu sehen – gut getarnt im dichten Unterholz und den Bäumen dazwischen. Natürlich auch Springboks jede Menge und 2 Schakale. Für meine Begleiter war das alles ein Ereignis – sind sie doch gestern morgen erst in Windhoek angekommen und gleich zum Camp durchgefahren. Viele Tiere hatten sie noch nicht zu Gesicht bekommen und freuten sich wirklich über alles. Ich merke, wie schnell man doch abstumpfen kann: Vor 3 Wochen war auch ich noch bei jedem gesichteten Springbok ganz aus dem Häuschen – jetzt denke ich manchmal nur noch „schon wieder Springbok…!“ Während der Weiterfahrt gab es noch viel zu sehen und als die großen Zebra-, Gnu- und Springbokherden wieder auftauchten, war die Faszination auch bei mir wieder da!
Ganz schön finde ich immer wieder die vielen unterschiedlichen kleinen und großen Vögel! Oft sind sie so wenig scheu, dass sie das haltende Auto vor dem Schnabel gar nicht stört und man in Ruhe Fotos machen kann! Ja, sie sogar noch ein ‚Tänzchen‘ vor der Camera aufführen!
An einem Wasserloch fanden wir eine große Kudu- und Impala-Herde, die Kudu-Kälbchen sehen mit ihren großen Ohren ziemlich niedlich aus, fast ein wenig wie Fledermäuse! Eine einzelne Giraffe kam vorsichtig auch daher, ständig nach allen Seiten sichernd! Es dauert lange, ehe sie sich dann wirklich zum Trinken hinunterbeugte – dann war es aber ein ganz besonderes Bild – wie eine Riesenspinne stand sie dann da! Als aber ein paar Gnus heran kamen, war sie gleich wieder in Lauerstellung!
Wie unser Guide erklärte, ist das Trinken eine der gefährlichsten Lebenssituationen für Giraffen – durch das tiefe Hinunterbeugen läuft viel Blut in den Kopf und wenn sie dann schnell hochkommen, sind sie kurz wie benommen und unfähig, schnell die Flucht zu ergreifen. Daher ist es wohl sehr selten, dass eine einzelne Giraffe ans Wasserloch kommt – normalerweise sichert immer ein Tier die Umgebung, wenn der/die andere/n trinken. Für Löwen, für die Giraffen ein sehr schwer zu erlegendes Opfer sind (Giraffen können mit einem gezielten Tritt ihrer Vorderhufe einen Löwen tödlich verletzen!), ist ein Wasserloch oft die einzige Möglichkeit, eine Giraffe zu erlegen!
Im Handumdrehen war es Mittag und wir fuhren zurück ins Camp von Okakuejo – kleines Mittagessen und vor allem ‚bath room’ (man kann ja unterwegs weder hinter den Busch noch zwischen die Autotüren verschwinden ).
Die Italiener wollen ein wenig durch die Geschäfte strolchen, ich schnell einen Salat essen – Treffpunkt für die Weiterreise in 1,5 Stunden!
Als es ans Bezahlen meiner kleinen Lunch-Rechnung geht, stelle ich zu Tode erschrocken fest, dass mein Portemonnaie fehlt! Ich bin ganz sicher, ich hatte es aus meinem Rucksack genommen und in meine Jackentasche gesteckt. Immer wieder kontrollierte ich die Taschen – nur die Camera und ein Vorrat an Batterien! Ich sagte dem Ober Bescheid, der verwies mich an das Tourist Office, vielleicht hat es inzwischen schon jemand gefunden und abgegeben! Mit zitternden Knien hingegangen – Fehlanzeige. Zurück zum geparkten Auto, mit Andreas gesprochen und de Rucksack noch mal kontrolliert! Er konnte sich aber auch genau erinnern, dass ich es aus dem Rucksack genommen hatte. Er fragte gleich alle anderen Fahrer, ob irgendeiner es vielleicht gefunden hätte, ich ging noch mal zur Toilette und schaute dort nach. Fragte auch die Italienerin, die als erstes mit mir zur Toilette ging, ob sie es vielleicht gesehen hätte – ebenfalls Fehlanzeige.
Mir brach der kalte Schweiß aus – abgesehen von relativ viel Bargeld waren der Führerschein und zwei meiner Kreditkarten darin (eine hatte ich noch in meinem Koffer im Camp). Andreas bezahlte meine Rechnung im Restaurant und lud mich kurz entschlossen ins Auto, sagte den Italienern Bescheid, dass die Abfahrt sich um eine Viertelstunde verschieben wird und brachte mich zurück zum bush camp! Das Wichtigste war jetzt telefonieren – Botschaft anrufen wg. Führerschein und Kreditkarten sperren lassen! Dann mit der vorhandenen Kreditkarte in die nächste Stadt, Outjo fahren, um Geld zu holen – hoffentlich ist der ATM nicht gerade leer, ich könnte nicht mal zurück fahren, denn das Benzin würde für hin und zurück nicht mehr reichen!
Im Häuschen mußte ich mich erstmal umziehen und duschen – ich war schweißgebadet! Dann alle Unterlagen raussuchen (zentrale Kartensperr-Telefonnummer, Kopien von Führerschein und Karten für die entsprechenden Nummern, Pass), zurück an die Rezeption (die hatten mir inzwischen schon die Telefonnummer der deutschen Botschaft besorgt) und versucht, dort anzurufen – keiner da, auch kein Anrufbeantworter. Als ich gerade die Nummer der Kartensperre gewählt hatte, meldete sich Andreas per Funk: „The wallet was found!!!“ Wie bitte?
Eine der Reinigungsfrauen in Okakuejo hatte die Börse auf dem Boden liegen sehen – sich gewundert, was das wäre mit so einer kleinen Kette dran! Sie wollte sie an der Rezeption des Camps dort abgeben, aber die war gerade nicht besetzt. Um sie nicht einfach so hinzulegen, hat sie sie vorläufig in ihren Schrank gelegt und draußen den anderen Camp-Arbeitern und wohl auch einigen Fahrern davon erzählt. Die wußten sofort, das muß die gesuchte Börse sein und Andreas wurde bei seiner Rückkehr schon von mehreren Leuten mit der guten Nachricht erwartet!
Ich war erstmal total durch den Wind! Die Börse hatte ich wohl statt in die Jackentasche nur daneben geschoben und das in der allgemeinen Unterhaltung und Vereinbarung von Terminen nicht bemerkt!
Sofort saß ich dann im Auto und holte sie mir ab – es fehlte absolut nichts! Als ich der glücklichen Finderin 50 N$ geben wollte, mußte ich sie fast dazu zwingen, das Geld anzunehmen: „Das wäre doch selbstverständlich etc. etc.“ Für sie war das ein kleines Vermögen, für mich umgerechnet etwa 5Euro – ein Nichts im Verhältnis zu den Kosten, die sonst auf mich zugekommen wären, vom vorhandenen Bargeld oder Kreditkarten-Mißbrauch mal ganz abgesehen!
Zurück im Camp mußte ich mich erstmal hinlegen, konnte auch abends noch nichts essen, obwohl alle vom staff auf mich einredeten! Selbst später im Bett lag ich noch lange wach und grübelte, was alles hätte auf mich zukommen können! Nachdem ich mich irgendwann massiv selbst zur Ordnung gerufen hatte, konnte ich endlich einschlafen!

7 Antworten zu Ein ganzer Tag ‚Game Drive‘ – Tiere satt!

  1. Siggi schreibt:

    Schön wieder so viel Interessantes von Dir zu lesen ;o)
    Wo sind die Bilder – ;o)))) … hast uns halt schon sehr verwöhnt damit !!!! ;o)

    Bis bald!
    Liebe Grüße von Siggi mit Familie

  2. Sohn #1 schreibt:

    Servus Muaterl,
    das hört sich alles ziemlich genial an… da können wir mit unseren ‚USA-Standards‘ schwerlich mithalten… Trotzdem wollte ich auch Bescheid geben, daß wir wieder gut gelandet sind (wenn auch 24 verspätet, DANKE an scheiß Continental Airlines…) und langsam auch unser Jetlag vorbei ist…
    Ich drück die Daumen, daß deine nächsten 14 Monate mindestens so spannend und problemlos werden wie die bisherigen 4 Wochen… (Ach ja, und die Gedanken bzgl. verlorenem Geldbeutel kann ich mehr als gut nachvollziehen, damals auf unserem Weg nach Cali gings mir genauso…)

    Lg
    Sohn #1

  3. Duzfreund Ingo in Potsdam schreibt:

    Hallo Christine,
    beeindruckend Deine Unternehmungslust, noch beindruckender Deine Erlebnisse und noch beeindruckender Dein Schreibfleiß. Erstaunlich auf wieviel Deutsches Du in Namibia noch triffst. Die deutsche Kolonialzeit dauerte gerade einmal 35 Jahre(1838-1919).
    Der 12. August ist der Jahrestag der Schlacht am Waterberg 1904 (s. Wikipedia-Namibia-Geschichte) nach der die deutschen Kolonialtruppen entsetzliche Greuel unter der schwarzen Bevölkerung anrichteten. Ist das heute noch ein Thema?
    Herzliche Grüße von Deinem Duzfreund

    • grannyontour schreibt:

      Hallo Ingo,
      ich wollte Dir auf Deinen Kommentar ausführlich antworten bzgl. Greuel der deutschen ‚Schutztruppe‘, aber leider konnte meine Mail an die angegebene Adresse nicht zugestellt werden!
      Schade, aber bis irgendwann mal wieder!
      Liebe Grüße!
      Christine

  4. Siggi schreibt:

    Ups – da sind sie … DANKE für die tollen Bilder!!!!
    Bin mit Dir echt erleichtert wegen der Geldbörse – wird Dir sicher so schnell nicht wieder passieren ;o)
    Viel Spaß für die nächste Zeit !!!
    Liebe Grüße
    Siggi

  5. Dieter schreibt:

    Liebes Tantchen,
    es ist schön deine ausführlichen Berichte zu lesen.
    Dein Aufgewühltsein konnte ich richtig spüren – ist das Geldbörse-verlieren
    schon in Deutschland, bzw. am Heimatort äußerst unangenehm, wie erst in
    der Ferne.
    Weiterhin so ehrliche Leute und aufregende Reisetage.
    Dieter

  6. grannyontour schreibt:

    Hallo Karl,
    vielen Dank fuer Deinen Kommentar! Ich habe ihn nicht frei geschaltet, weil darin doch sehr viele sehr private Sachen stehen – und die Seite hier ist ja fuer jedermann im Internet sichtbar!
    Der Abschied uebermorgen aus Sansibar wird mir schwer fallen, das ist schon eine zauberhafte Insel!
    Dir auch eine schoene Zeit bei Deiner Motorrad-Tour – das mit dem Wiedersehen lassen wir einfach mal auf uns zu kommen! Ich bin ja wahrscheinlich noch mehr als ein Jahr unterwegs, wer weiss, was bis dahin noch alles passiert!
    Viele Gruesse!
    Christine

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